Dass sich regelmäßiges Yoga-Üben positiv auf den Übenden
und seine Umgebung auswirkt, ist für uns Yoga-Praktizierende
eine Selbstverständlichkeit. Um so mehr Erstaunen mag in
Yoga-Kreisen hervorrufen, dass diese frohe Botschaft noch
keineswegs überall in unserer Gesellschaft angekommen ist. Wie
ich im Rahmen meiner Öffentlichkeitsarbeit für den
"Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland"( BDY) in den letzten neun Jahren feststellen konnte, zeigen
sich beispielsweise viele Politikerinnen und Politiker in
Deutschland - trotz intensiven Bemühungen - recht uninformiert
über den Yoga und seine Hintergründe. Ein vergleichbare
Unkenntnis findet sich oft auch bei den höheren Bediensteten
öffentlicher Institutionen.
Dieser offensichtliche Mangel an Aufklärung ist um so
bedauerlicher, als es heute eine Vielzahl seriöser
wissenschaftlicher Studien gibt, die die positiven Wirkungen des
Yoga zweifelsfrei belegen. Darunter sind inzwischen viele
westliche Untersuchungen, die auch mit sogenannten "harten
Daten" aufwarten können; also mit Zahlenmaterial, das nach
den strengen Kriterien moderner Naturwissenschaften abgesichert
ist.
Es bot sich daher an, einige hervorstechende Ergebnisse
dieser Studien, einer breiteren Öffentlichkeit - und damit auch
den sogenannten opinion leaders ("Meinungs-Machern")
in Politik und Gesellschaft - zugänglich zu machen. Ich habe
daher im Auftrag des BDY eine kleine Broschüre erarbeitet mit
dem Titel: Yoga im Spiegel der Wissenschaft.[1] Dieser
Titel ist allerdings - wie die ganze Broschüre - nur mit zwei
wesentlichen Einschränkungen - zu verstehen:
Erstens war für die Auswahl der Studien eine quantitative
Beschränkung notwendig; d.h. es konnten von mir - aus den Tausenden
vorliegenden Untersuchungen - nur wenige repräsentative
ausgewählt werden. Zweitens sollte Yoga-Übenden jederzeit
bewußt sein, dass die Herangehensweise der westlichen (Natur)Wissenschaften
nur eine Möglichkeit ist, sich ernsthaft mit dem Thema Yoga
auseinanderzusetzen. Dies gilt um so mehr, als das traditionelle
Indien seine spirituelle Erforschung und Weitergabe des Yoga mit
gleichem Recht wie die westliche akademische Welt als
Erfahrungswissenschaft bezeichnen darf. Ob dabei die westliche
oder die östliche Seite "Recht hat", oder ob die
Zukunft nicht eine neue, beide Traditionen integrierende und
über sie hinausgehende Form von "Wissenschaft"
hervorbringen wird, sei zunächst dahingestellt und kann hier
nicht näher erörtert werden.
Im Folgenden möchte ich jedenfalls auch für Sie einen
kleinen Ausschnitt aus der Broschüre wiedergeben.
Ergebnisse einer
physiologischen Studie zum Hatha-Yoga
Aus den in der Broschüre zitierten physiologischen Studien
zum (Hatha)Yoga habe ich eine interessante für Sie ausgewählt.
Es handelt sich dabei um eine der größten Untersuchungen zur
Wirkung von Hatha-Yoga bei Schlafstörungen, chronischem
Kopfschmerzsyndrom, Hypertonie und chronischem Lumbalsyndrom im
deutschsprachigen Raum. Sie wurde ab 1993 in Berlin
durchgeführt. Das Projekt stand unter Leitung von Dr.Martina
Bley und fand eine große Resonanz in den Medien. An der
Forschungs-Kooperation beteiligten sich u.a. die "Freie
Universität Berlin", die "Barmer Ersatzkasse
Berlin" und das "Gesundheitszentrum der BKK
Berlin". Bis Juli 1995 hatten über einen
Untersuchungszeitraum von 18 Monaten insgesamt 253 Probanden an
den Yoga-Kursen teilgenommen, die teilweise auch von Ärzten und
Psychologen aus Indien geleitet wurden.
Ihren wissenschaftlichen Niederschlag fand dieses Projekt
unter anderem in der Dissertation von Christina Kühn mit dem
Titel: "Effektivität von Hatha-Yoga bei Kreuzschmerzen und
Hypertonie".[2] Frau Kühn untersuchte für ihre
Dissertation - im Rahmen des Gesamtprojektes - 52 Probanden mit
Kreuzschmerzen (davon 21 in einer Kontrollgruppe) und 34
Probanden mit Hypertonie (davon 15 in der Kontrollgruppe). Sie konnte
bei den Probanden mit Kreuzschmerzen eine signifikante
Verringerung der Schmerzintensität und Schmerzdauer bereits
nach vierwöchiger Yoga-Praxis beobachten, die auch nach
vier Monaten Yoga-Praxis nachweisbar war (Kühn 1996, 28). Die
folgende grafische Übersicht zeigt diesen Sachverhalt:
In der Gruppe der Probanden mit Hypertonie (Bluthochdruck)
wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe ebenfalls signifikante
systolische und diastolische Blutdrucksenkungen nach
vierwöchiger Yoga-Praxis beobachtet. Dabei betrug das
Ausmaß der Senkung des Blutdrucks im Durchschnitt ca. 9% beim systolischen
und ca. 6% beim diastolischen Blutdruck. Interessanterweise
konnte der größte Blutdruckabfall innerhalb des
Untersuchungszeitraumes bei den Probanden beobachtet
werden, deren Ausgangswerte für den Blutdruck besonders hoch (>
150 mm Hg) waren.
Diese positiven Ergebnisse werden in der folgenden Grafik
veranschaulicht:
In der abschließenden Bewertung der von ihr gewonnenen und
analysierten Daten kommt Frau Kühn daher zu einer klaren
Empfehlung für die Einrichtung und Förderung von
(öffentlichen) Yoga-Angeboten:
"Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie
wird empfohlen, Yoga bei Kreuzschmerzen und Hypertonie als
alleinige oder auch als unterstützende Methode in das
Behandlungsregime einzubeziehen. Nach vorheriger Anleitung ist
eine selbständige Durchführung des Yogatrainings möglich.
Organisierte Kurse zur gezielten Therapie wie im vorgestellten
Forschungsprojekt können aus Kostengründen selten angeboten
werden. Der rege Zuspruch für diese Studie bestätigt jedoch,
dass ein großer Bedarf besteht." (Kühn 1996, 64).
"Aufgrund der vorliegenden
Untersuchungsergebnisse kann bestätigt werden, dass sich Yoga
als nichtmedikamentöse Therapie bei den Krankheitsbildern
Kreuzschmerzen und Hypertonie eignet. Die Ergebnisse lassen sich
in die bisher veröffentlichten wissenschaftlichen Studien
einordnen ...
Die Linderung von Kreuzschmerzen sowie die
nachgewiesene Blutdrucksenkung und Medikamentenreduzierung bei
der Behandlung der Hypertonie unter regelmäßiger Yogapraxis
sollte zu einem vielfältigen Kursangebot bei Krankenkassen und
Volkshochschulen mit geprüften Yogalehrern führen."
(Ebd., 67).
Ergebnisse einer
Literaturstudie zur Wirksamkeit von (Yoga)Meditation
Auch ein Beispiel aus dem psychologischen Umfeld der
Yoga-Forschung sei noch angeführt.
Um verifizierbare Aussagen über die Wirksamkeit von
(Yoga)Meditation als Therapie zu machen, werteten Klaus
Grawe, Ruth
Donati und Friederike Bernauer in ihrem - mehrfach aufgelegten -
Buch "Psychotherapie
im Wandel" 15 einschlägige Studien mit
insgesamt 596 Patienten aus.[3] Sie ordneten Yoga (mit seinen
konzentrativen und meditativen Techniken) in diesem Kontext den
sogenannten "Meditationsverfahren" zu.
In der Auswertung der Studien stellen die
Autoren dabei fest:
"Für die Wirkung der Behandlung scheint
zum einen regelmässiges Üben wichtig zu sein und zum anderen
das Nichtvorhandensein von affektiver Erregung und von
Schmerzempfindungen während der Therapiesitzungen.
Meditation ist als Therapiemethode im
deutschen Kulturkreis bisher wenig verbreitet. Von ihrer
therapeutischen Wirksamkeit her ist dies unbegründet.
Medtiationstechniken sind nach den bisher vorliegenden
Ergebnissen jedenfalls therapeutisch wirkungsvoller als das im
deutschen Sprachraum weitverbreitete Autogene Training. Für
Patienten und Therapeuten, die den mit Meditationstechniken in
der Regel verbundenen östlich-kulturellen Zielen und Inhalten
zuneigen, kann Meditation eine interessante Alternative zum
Biofeedback, zur Progressiven Muskelentspannung und zur Hypnose
sein, die dem Autogenen Training unter dem Wirksamkeitsaspekt
allesamt vorzuziehen sind." (Grawe et al. 1994, 625f.).
Insbesondere die von den Autoren getroffene Feststellung,
daß Yoga-Meditation dem sog. Autogenen Training (AT) in der
Wirksamkeit überlegen ist, darf dabei m.E. als kleine Sensation
betrachtet werden. Gilt das AT hierzulande doch stets als
Verfahren mit geradezu mustergültigem Wirksamkeitsnachweis.
Das waren nur zwei Beispiele für die spannenden Ergebnisse
der von mir ausgewählten Studien, die vornehmlich aus dem
deutschsprachigen Raum stammen. Vielleicht sind Sie durch diesen
kleinen Einblick neugierig geworden auf weitere Details und
Hintergründe, die Sie in der Broschüre finden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen mit der Broschüre viel
Freude und Erfolg!
Dr.Christian Fuchs, Mai 2001
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